Hallo zusammen,
aktuell kann man ja davon ausgehen, dass die Mehrwersteuer vom 01.07.2020-31.12.2020 von 19% auf 16% reduziert wird.
Wir bereiten unser Abrechnungssystem derzeit darauf vor (für Geschäftskunden ändert sich aufgrund des Vorsteuerabzugs bilanziell nichts, bei Endkunden kommt die Steuersenkung somit aber auch effektiv an).
Diesen Thread möchte ich aber nutzen, um das auch im gesamten Hosting-Kontext zu diskutieren.
Ein paar Kollegen erinnern sich ja vielleicht noch an den 01.01.2007, als die MwSt von damals 16% auf 19% erhöht wurde. Das Problem damals (wie heute) ist, dass Hosting-Verträge und Domaingebühren allgemein als "Dauerleistungen" und steuerlich somit als "sonstige Leistungen (Dienstleistungen)" klassifiziert werden. Das bedeutet, dass die Umsatzsteuer mit Ablauf des Leistungszeitraums entsteht.
Beispiel: eine Domain kostet 10 € brutto (inkl. 19% MwSt) pro Jahr.
Ein Kunde registriert die Domain am 01.08.2019 (wird also vom 01.08.2019-31.07.2020 in Rechnung gestellt).
Nun gilt vom 01.07.-31.12.2020 aber der neue Steuersatz von 16%. Somit ist nach aktuellem Stand dem Kunden die Differenz (3%) zurück zu erstatten.
Bei 10 € brutto wurden also 8,40 netto und 1,60 MwSt (19%) berechnet. Bei 16% beträgt die MwSt aber nur noch 1,34 € (bezogen auf 8,40), somit sind 0,26 € zurück zu erstatten (die müssen auf dem jeweiligen Beleg auch als USt-Rückerstattung ausgewiesen werden).
Je nach Rechnungssystem gibt es da verschiedene Ansätze: die einen stornieren alle Leistungen die mit einem Enddatum zwischen 01.07.-31.12.2020 erfasst sind und stellen diese mit 16% neu in Rechnung; die Differenz wird dann einfach als Gutschrift verrechnet.
Andere Systeme berechnen die gesamte MwSt aller zwischen dem 01.07.-31.12.2020 endenden Leistungen die vor dem 01.07. in Rechnung gestellt wurden, und weisen daraus dann 3% als USt-Rückerstattung aus.
Lustig daran: wer aktuell eine Domain mit einer Laufzeit von 12 Monaten verkauft, muss diese weiterhin mit 19% berechnen (Domainlaufzeit endet ja nach dem 31.12.2020). Wer eine Domain oder z.B. auch das Webhosting monatlich berechnet müsste das mit 16% versteuern. Praktisch geht das aber aus zwei Gründen aktuell noch nicht: zum einen ist das Gesetz noch nicht rechtskräftig (bzw. noch nicht mal vorhanden), zum anderen sind die Steuerformulare dafür auch noch gar nicht vorbereitet.
Bei der MwSt-Erhöhung 2007 gab es den Trick, die 3%-Nachforderung einfach aus der eigenen Betiebskasse zu bezahlen statt die den Kunden nachzuberechnen. Bei einer Rückerstattung ist es aber nicht so einfach - die darf man nicht einfach so einbehalten.
Am einfachsten dürfte es sein, die MwSt-Rückerstattung zu berechnen und dem Kunden auf einer der nächsten Rechnungen separat auszuweisen (sofern das Abrechnungssystem das mitmacht) und somit zu verrechnen.
Hässlich wird das dann in Fällen von Rücklastschriften/Forderungen etc.
So lange das Gesetz noch nicht erlassen ist, besteht noch kein akuter Handlungsbedarf, aber jeder Webhoster sollte jetzt schon mal prüfen inwiefern die Abrechnung angepasst werden muss.
LiveConfig-Lizenzen werden aktuell bei uns im Shop also weiterhin mit 19% MwSt beworben. Sobald die MwSt-Änderung rechtsgültig wird, aktualisieren wir das und werden allen betroffenen Kunden ggf. eine entsprechende Gutschrift erstellen, die dann (je nachdem) ausgezahlt oder mit der nächsten Rechnung verrechnet wird.
Wir prüfen zudem ob es auch möglich sein wird, diesen (kleinen) Betrag freiwillig spenden zu können.
Viele Grüße
-Klaus Keppler